Dienstag, 30. Juni 2015

Straff gespannt und lang gezogen: das Schnurtelefon

Aurelia wünschte sich ein eigenes Telefon und da ihr Papa Ingenieur ist, baute er gleich eins mit ihr. Sie hatte zwar eher an ein Handy gedacht, aber ein Schnurtelefon machte doch viel mehr Spaß. Selbst gebaut und ausprobiert, Aurelia möchte jetzt auch noch Erfinderin werden (neben Prinzessin, Tänzerin und Boxerin). Manchmal machen auch die pädagogisch sinnvollen Beschäftigungen den Kindern eine Freude!



Jetzt kann Aurelia durch unsere Hecke mit ihrer Freundin telefonieren.

Ich hier, wer da?
Eure Jasmin

Dienstag, 16. Juni 2015

Mama hat keine Zeit und wie Aurelia trotzdem das Fahrradfahren lernte

Lange versuchte ich, Aurelia das Fahrradfahren beizubringen. Bis vor kurzem schlingerte sie mit ihrem kleinen rosa Rad mit Stützrädern gegen alle Trägheitsgesetze um die Kurven, so dass mein Herz immer einen Aussetzer machte. Als ich es nicht länger mitansehen konnte, montierte ich an einem Tag im letzten Sommer die Stützräder ab und wollte mit ihr üben, ohne Stützräder zu fahren. Aurelia setzte sich aufs Rad und ich hielt sie fest, damit sie nicht umkippte. Nach einer Runde hatte sie keine Lust mehr. Da wir nie viel Zeit haben, blieb es bei diesem einen Versuch. Dann fuhr der Papa mit ihr auf einen grossen Parkplatz, aber sie wollte nicht ohne Stützräder fahren. In den Sommerferien versuchten Oma und Opa ihr das Fahrradfahren beizubringen, aber sie wollte einfach nicht. Irgendwann sagte sie, sie wolle gar kein Fahrradfahren lernen und Schwimmen im Übrigen auch nicht.


Dieses Jahr wurde Aurelia fünf. Ich sah in der Nachbarschaft die Dreijährigen mit ihren Rädern fahren und fing an, mir Vorwürfe zu machen: Aurelia könne kein Rad fahren, weil ich zu wenig Zeit hatte, waren doch die Mütter der anderen Kinder zu Hause und nicht berufstätig.
Aurelia fragte mich immer wieder , ob ich ihre Stützräder wieder montieren könne, weil sie mit dem Rad zum Kindergarten fahren wolle. Das wiederum wollte ich nicht und so wurde es wieder nichts mit dem Fahrradfahren. Dann schlossen wir einen Kompromiss: Ich kaufte ihr einen Roller und sie fuhr das ganze Frühjahr über damit zum Kindergarten. Dann und wann fragte ich sie, ob wir am Wochenende Fahrradfahren wollten, sie wollte nie. Und immer auch fehlte die Zeit.
 

Als die Omas jetzt da waren und im Garten werkelten, holte Aurelia auf einmal ihr Fahrrad aus der Garage. Oma fragte, ob sie Hilfe benötige. Nein, sie wolle ganz alleine Fahrradfahren. Und dann übte sie den ganzen Nachmittag. Abends kam ich zu spät nach Hause, Aurelia war schon im Bett, aber am nächsten Morgen wachte sie sehr früh auf und erzählte mir froh, dass sie jetzt Fahrradfahren könne. Es hat mich so glücklich gemacht, wie sie die erste grosse Hürde in ihrem Leben ganz alleine gemeistert hatte. Und wie stolz sie darauf war!


Natürlich wollte Aurelia mir auch gleich zeigen, wie toll sie Fahrradfahren konnte und jetzt hatte Mama Zeit. Das es früher Morgen war und wir beide im Nachthemd war egal, es zählte der Moment und wir fuhren eine Runde um den Block. Wer uns gesehen hatte, musste wohl denken, jetzt sind sie vollkommen übergeschnappt, aber nun hatten Mama und Aurelia Zeit füreinander und das zählte. Und ich habe gelernt, dass man nichts erzwingen soll. Aurelia hat das Fahrradfahren gelernt, als sie es für richtig hielt und nicht, als Mama oder die anderen es für richtig hielten. Und das es nicht wichtig ist, wieviel Zeit man hat, sondern dass man im richtigen Moment Zeit füreinander hat.

In die nächste Woche strampeln Eure Aurelia und Jasmin!